Die Abkürzung ISG steht für Iliosakralgelenk. Der Mensch besitzt auf beiden Seiten des Beckens ein Iliosakralgelenk. Bei einer ISG-Arthrose handelt es sich um eine Abnutzung (degenerative Veränderung) dieses Gelenks. Es kann zu Schmerzen im unteren Rücken und im Bereich der Hüfte kommen.
Das Iliosakralgelenk verbindet das im Becken liegende Kreuzbein (Os sacrum) rechts und links jeweils mit dem Darmbein (Os ilium) der Körperseite. Das ISG wird deshalb auch Kreuzdarmbeingelenk oder Kreuzbein-Darmbein-Gelenk genannt. Es ist ein Gelenk mit geringer Beweglichkeit. Starke Bänder, die den Beckengürtel umgeben, sorgen dafür, dass das Gelenk stabil bleibt.
Das Kreuzdarmbeingelenk ist ein stark beanspruchtes Gelenk. Es muss einiges aushalten, denn es überträgt die Last des Oberkörpers und die Bewegungskräfte auf die Hüftgelenke und verteilt es auf die Beine. Verklemmen oder verschieben sich die Gelenkflächen des Iliosakralgelenks, spricht man von einem ISG-Syndrom oder einer ISG-Blockade. Durch diese Verkantung und das Reiben im Gelenk entstehen Schmerzen. Muskeln können sich verspannen und auf Nerven drücken, was zusätzlich starke Schmerzen hervorruft. Andere Erkrankungen wie eine Arthrose können ebenfalls dazu führen, dass ein Kreuzdarmbeingelenk schmerzt.
Es gibt verschiedene Ursachen, die die Entstehung einer ISG-Arthrose begünstigen. Meist ist eine Fehlbelastung dafür verantwortlich, dass die Gelenkknorpel sich abnutzen. Viele Menschen haben unterschiedlich lange Beine. Eine leichte Längendifferenz ist nicht sichtbar und wird von den Betroffenen meist gar nicht bemerkt. Doch durch die ständige leichte Schieflage des Beckens entsteht eine ungleiche Abnutzung.
Fehlbelastung kann auch durch einseitiges sportliches Training oder falsches Tragen schwerer Lasten entstehen. Vergangene Verletzungen im Beckenbereich oder chronische Entzündungsvorgänge können den Gelenkverschleiß ebenfalls fördern. Ein großer Risikofaktor ist Übergewicht.
Eine ISG-Arthrose kann sich rechts oder links entwickeln. Seltener sind beidseitige Iliosakralgelenksarthrosen.
Eine Arthrose im Bereich des Iliosakralgelenks macht sich in erster Linie durch Schmerzen im unteren Rücken und der Hüfte bemerkbar. In vielen Fällen kommen degenerative Veränderungen im Kreuzbein-Darmbein-Gelenk jedoch auch vor, ohne Schmerzen zu verursachen.
Je nach Ausmaß der Abnutzung der Gelenke können Schmerzen von leicht und gelegentlich bis zu stark und chronisch reichen. Anfangs zeigt sich der Schmerz häufig nur bei Belastung: nach längerem Laufen oder Stehen zum Beispiel. Später gesellt sich ein morgendlicher Anlaufschmerz hinzu. Das heißt, die Steifheit des Gelenks bessert sich im Lauf des Tages.
Ohne Therapie nimmt die Bewegungseinschränkung weiter zu und Schmerzen treten schon bei kleineren Drehbewegungen des Oberkörpers oder beim Beugen des Rumpfes auf. Um den Schmerz zu vermeiden, nehmen Betroffene häufig eine Schonhaltung ein. Mit fortschreitender Erkrankung verschlimmern sich die Beschwerden. Auch längeres Sitzen kann dann schmerzhaft sein. Schmerzen können plötzlich einschießend in die Beine bis ins Knie ausstrahlen, was eine Verwechslung mit einem Bandscheibenvorfall möglich macht. In der Leistengegend können sich ebenfalls Schmerzen bemerkbar machen. Es kann ein Gefühl von Instabilität im Becken und im unteren Rücken entstehen. Im chronischen Stadium ist der Schmerz permanenter Begleiter.
Jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet gelegentlich unter Rückenschmerzen. Üblicherweise gehen Betroffene mit Rücken- oder Kreuzschmerzen zu ihrem Hausarzt. Bessern sich die Beschwerden nicht, überweist der Hausarzt den Patienten an den Orthopäden.
ISG-Arthrose ist nur eine von vielen Diagnosen, die im Zusammenhang mit Rückenschmerzen gestellt werden. Daher ist ein Diagnosegespräch (Anamnese) besonders wichtig, bei dem der Betroffene dem Arzt genau Auskunft über die Beschwerden, deren Auftreten und Position gibt. In einer ersten körperlichen Untersuchung versucht der Arzt, anhand bestimmter Provokationstests herauszufinden, wo genau der Schmerz verspürt wird.
Ein Röntgenbild wird gemacht, um eventuelle Fehlstellungen oder Veränderungen der Gelenkstruktur aufzudecken. Weitere bildgebende Verfahren wie MRT oder CT liefern genauere Ergebnisse. Sie zeigen außerdem, ob eine Entzündung vorhanden ist.
Eine ISG-Arthrose ist nicht heilbar, das heißt, die degenerativen Veränderungen am Gelenk lassen sich nicht rückgängig machen. Im Zentrum einer Therapie steht daher das Lindern der Beschwerden und das Schulen und Erhalten der Beweglichkeit.
Bewegung ist einer der wichtigsten Aspekte bei der Therapie einer ISG-Arthrose. Auch wenn Beschwerden vorhanden sind, sollte sich der Patient bewegen. Die Bewegungen sollten jedoch leicht sein und keine enorme Belastung für das Gelenk bedeuten. Bei auftretenden Schmerzen sollte mit den Bewegungen pausiert werden. Schwimmen, Wassergymnastik oder Fahrradfahren sind geeignete Sportarten.
Bei einem akuten Erkrankungsschub können Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente (zum Beispiel Ibuprofen oder Diclofenac) verabreicht werden. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist, ein lokal wirksames Betäubungsmittel in den Gelenkspalt zu injizieren. Das kann den Schmerz für einige Zeit ausschalten.
Ein weiterer Aspekt ist Krankengymnastik. Mit speziellen Übungen wird das Iliosakralgelenk entlastet und Bewegungseinschränkungen können verbessert werden. Der Physiotherapeut zeigt dem Patienten eine Reihe von Bewegungsabläufen, die dieser auch zu Hause durchführen sollte.
Wärme empfinden die meisten Patienten als sehr entspannend. Moorpackungen oder Fangopackungen wärmen und fördern die Durchblutung. Massagen können sich zur Lockerung als hilfreich erweisen. Zu Hause hilft oft eine einfache Wärmflasche oder ein Wärmekissen, um Beschwerden zu lindern. Wärmepflaster sind jederzeit unter der Kleidung tragbar und entlasten im Alltag. Wärme ist allerdings nicht geeignet bei einem akut entzündeten Gelenk, das ähnliche Beschwerden hervorrufen kann. Der Arzt kann dazu Auskunft geben, ob eine Wärmeanwendung sinnvoll oder eher schädlich ist.
Es können auch Orthesen (stützende äußere Hilfsmittel) zum Einsatz kommen, die das Becken und die Iliosakralgelenke stabilisieren. Überflüssige Pfunde drücken auch auf das kaputte Gelenk. Eine Gewichtsreduktion ist daher in diesem Fall unbedingt ratsam.
Letzte Möglichkeit ist eine Operation. Haben alle anderen Methoden keine Entlastung gebracht, kann eine Versteifung (Arthrodese) des von der Arthrose befallenen Iliosakralgelenkes vorgenommen werden. Kreuzbein und Darmbein werden miteinander verschraubt und mit drei Titanstäben belastungsstabil gemacht. Diese Art der Operation wird als Diana-Methode bezeichnet. Sie erfordert eine geringe Zugangsöffnung und die umliegenden Bänder und Muskeln bleiben bei der OP weitestgehend verschont. Das Verfahren ist inzwischen weit verbreitet und die Komplikationsrate ist geringer als bei der ursprünglichen Operationsmethode zur Gelenkversteifung, die einen größeren Operationszugang benötigt. Da das Iliosakralgelenk ohnehin nicht sehr beweglich ist, ist eine Versteifung für den Patienten unproblematisch und bringt keine nennenswerten Einschränkungen mit sich.
ScienceDirect, Jacob M. Buchowski MD, MS; Khaled M.Kebaish MD; Vladimir Sinkov MD; David B. Cohen MD, MPH; Ann N. Sieber RN, MSN; John P. Kostuik MD – Functional and radiographic outcome of sacroiliac arthrodesis for the disorders of the sacroiliac joint: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1529943005001129
(online, letzter Abruf: 06.12.2019)
aktualisiert am 06.12.2019