Rückenschmerzen sind in der heutigen Zeit eine Volkskrankheit. Diese reichen von Schmerzen, die durch eine falsche Haltung ausgelöst werden, über den altbekannten Hexenschuss bis hin zu einer Spinalkanalstenose, einer Verengung des Wirbelkanals.
Eine solche Wirbelkanalstenose ist in der Regel eine Verschleißerscheinung und tritt meist erst in fortgeschrittenem Alter auf. Sie kann als Begleiterscheinung anderer Rückenerkrankungen vorkommen. Eine davon ist das sogenannte Wirbelgleiten (Spondylosisthesis), mit der ein häufiger Zusammenhang besteht. Im Zuge dieser Erkrankung spielt ebenfalls häufig eine Arthrose (Verschleiß) in den kleinen Gelenken der Wirbel eine Rolle, welche zur Verengung des Wirbelkanals beitragen kann.
Die menschliche Wirbelsäule ist so aufgebaut, dass die einzelnen Wirbelkörper wie die Glieder einer Kette ineinandergreifen. Miteinander verbunden sind sie durch die Bandscheiben und durch die Gelenke. Gesichert wird das Ganze durch Bänder. Trotz dieser Sicherung sind die einzelnen Glieder dieser Kette beweglich.
Wie die meisten anderen Knochen und Gelenke in unserem Körper fängt auch die Wirbelsäule an, mit zunehmendem Alter zu verschleißen. Nach und nach verlieren zum Beispiel die Bänder und die Bandscheiben an Elastizität und die Muskeln an Kraft. Dies ist ein ganz natürlicher Vorgang als ein Teil des Alterungsprozesses. Ein andere Ursache der Erkrankung kann ein Gendefekt sein. Dann ist das Wirbelgleiten angeboren und tritt schon in jungen Jahren auf.
Kommen oben genannte Faktoren zusammen, können sich übereinanderliegende Wirbelkörper so gegeneinander verschieben, dass das Rückenmark im Spinalkanal (Wirbelkanal) eingeengt wird. Dabei gleitet normalerweise der obere Wirbel bauchwärts gegenüber dem unteren. Die Wirbelsäule verliert zudem an Stabilität. Die Verschiebung der Wirbel aus der ursprünglichen Position kann zum Druck auf Nervenbahnen führen und die Weiterleitung von Nervenimpulsen behindern. Das kann zu Lähmungen und Krämpfen führen beziehungsweise zu Taubheit und Kribbeln. Der Wirbel kippt im Übrigen so, dass die unteren Gelenkfortsätze an Ort und Stelle bleiben.
Eine Spondylolisthese, so der wissenschaftliche Name des Wirbelgleitens, wird meist durch Zufall festgestellt, da die überwiegende Zahl der Patienten entweder unter gar keinen Beschwerden oder „nur“ unter leichten Beschwerden leidet. Erst wenn die Verschiebung ein gewisses Ausmaß überschreitet, kommt es zu starken Beschwerden.
Unterschieden werden beim Wirbelgleiten im Übrigen zwei Arten: die Spondylolisthese und die Pseudospondylolisthese. Bei der Spondylolisthese liegt ein angeborener knöcherner Defekt des Wirbelbogens vor. Diese Erkrankung tritt meist im Jugend- beziehungsweise im frühen Erwachsenenalter auf. Sie betrifft mehr Jungen als Mädchen. Die angeborenen Gleitwirbel verursachen in den meisten Fällen keine Beschwerden. Die Pseudospondylolisthese hingegen ist eine Abnutzungserscheinung und kommt durch Spannungsverlust der Bänder zustande. Sie tritt meist ab dem 40. Lebensjahr auf. Weitere Ursachen von Wirbelgleiten kommen ebenfalls vor wie beispielsweise das posttraumatische Wirbelgleiten, das nach einer Verletzung der Wirbelsäule auftritt.
Die Symptome bei einem ausgeprägten Wirbelgleiten können folgendermaßen aussehen:
Die Symptome sind ähnlich einer Spinalstenose, die häufig eine Begleiterkrankung des Wirbelgleitens ist, da durch die Wirbel, die sich nicht mehr in ihrer Ursprungsposition befinden, der Wirbelkanal (Spinalkanal) verengt wird. Das Wirbelgleiten tritt häufig zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbel auf. Aber auch andere Teile der Wirbelsäule können betroffen sein.
Tritt zusätzlich zum Wirbelgleiten noch eine Wirbelkanalstenose auf, kommen als Symptome Schmerzen sowohl beim Stehen als auch beim Gehen hinzu. Diese werden meist besser, wenn der Rumpf gebeugt wird. Die Schmerzen treten im Sitzen zum Teil gar nicht auf. Dazu kommen Taubheitsgefühle in den Extremitäten. Ist die Spinalkanalverengung fortgeschritten, kann es zu Inkontinenz (fehlende Harn-/Stuhl-Kontrolle) und Lähmungserscheinungen kommen.
Ist das Wirbelgleiten stark ausgeprägt, also das Wirbelgelenk deutlich verrutscht (meist über 50 Prozent), kann als Begleiterkrankung eine Spinalstenose entstehen. Die „gleitenden“ Wirbel können den Spinalkanal hochgradig verengen. Doch in manchen Fällen ist das Wirbelgleiten nicht die einzige Ursache: Eine Parallelerkrankung der Spondylolisthesis ist oft die Spondylarthrose, die Arthrose der kleinen Wirbelgelenke, die auch Facettengelenkarthrose genannt wird.
Durch das Verschieben der Wirbelkörper (Wirbelgleiten) werden die Facettengelenke der Wirbelsäule falsch belastet. Die Gelenke verschleißen (es entsteht eine Arthrose) und der Zustand wird instabil. Der Körper versucht dies zu bessern, indem er Calcium zu den betroffenen Stellen transportiert. Dadurch verknöchert und verdickt sich das Gelenk, es kommt zu Knochenanbauten, was dazu führen kann, dass der Wirbelkanal noch mehr verengt wird. Das führt im weiteren Verlauf zu einer Wirbelkanalstenose oder verstärkt sie. Zudem wird durch diesen Vorgang die Beweglichkeit des Gelenks stark eingeschränkt.
Allerdings kann auch ein aus der Bahn geratenes Wirbelgelenk selbst so weit in den Spinalkanal rutschen, dass eine spinale Stenose entsteht.
Ein weiteres Rückenleiden, das durch die sogenannten Gleitwirbel verursacht werden kann, ist der Bandscheibenvorfall.
Besteht der Verdacht auf eine Spinalkanalstenose, die durch Wirbelgleiten ausgelöst wurde, wird der Arzt zunächst eine bildgebende Diagnosestellung vornehmen. In der Regel sind dies Röntgenaufnahmen. Es kann aber auch eine Kernspintomographie (MRT) oder eine Computertomographie (CT) vorgenommen werden.
Steht die Diagnose fest und die spinale Stenose ist ausgeprägt, wird in den meisten Fällen zu einem operativen Eingriff geraten, um den Druck aus dem Kanal zu nehmen (operative Dekompression).
Bei der Operation wird der aus seiner ursprünglichen Position gerutschte Wirbel wieder repositioniert. Insbesondere früher wurden die Wirbelgelenke zur anschließenden Stabilisation meist versteift. Zu der Versteifung werden ein Schrauben-Stab-System und ein Implantat verwendet, das auch Cage genannt wird. Dieser Eingriff hat allerdings den Nachteil, dass danach die Beweglichkeit der Wirbelsäule in den betroffenen Segmenten nicht mehr gegeben ist. In der Zwischenzeit wurden auch sogenannte beweglich versteifende Methoden entwickelt, bei der die Beweglichkeit nur teilweise eingeschränkt wird. Ein operativer Eingriff ist im Übrigen immer das letzte Mittel der Wahl: Der Eingriff wird nur dann vorgenommen, wenn nichts anderes mehr funktioniert oder die Beschwerden für den Patienten unerträglich sind. Welcher Eingriff in Frage kommt – also ob komplett oder nur teilweise versteift wird – entscheidet der behandelnde Chirurg gemeinsam mit dem Patienten.
Eine Spondylolisthesis wird abgesehen davon in den meisten Fällen konservativ behandelt, also ohne eine Operation. Die Behandlung beinhaltet (wenn nötig) die Gabe von Schmerzmitteln und Krankengymnastik, bei der die Rücken- und die Bauchmuskulatur aufgebaut und gekräftigt werden. Einigen Patienten kann das Tragen eines Korsetts Linderung bringen. Dieses wird von Orthopädiemechanikern speziell auf den Körper des Patienten angepasst.
Zudem sollte der Betroffene, wenn er sich dazu in der Lage fühlt, rückenfreundliche Sportarten ausüben. Diese sind zum Beispiel Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking. Außerdem ist der Besuch einer sogenannten Rückenschule angeraten.
aktualisiert am 24.03.2023