Patienten mit Kieferfehlstellungen können von einer Behandlung durch die Logopädie profitieren. Im Besonderen geht es um Kinder, die an einem offenen Biss leiden. Neben der Kieferorthopädie kann die Logopädie hier eingesetzt werden, um eine Verschlechterung des Zustands zu verhindern. Wenn die Behandlung früh genug anfängt, kann eine geringfügige Kieferfehlstellung über logopädische Maßnahmen gebessert werden. Vor allem kann die sogenannte myofunktionelle Therapie sinnvoll sein: Über ein Training der Muskelkoordination am Mund sowie des Schluckvorgangs werden die Voraussetzungen geschaffen, dass Zähne und Kiefer in der richtigen Stellung verbleiben.
Doch nicht nur diese direkten gesundheitlichen Faktoren sind es, die eine logopädische Behandlung bei einer Unterkieferfehlstellung nahelegen. Viele Kinder, die unter Abweichungen von Kiefer und Zähnen wie einer unzureichenden Ausbildung des Unterkiefers leiden, haben Sprachprobleme. In diesen Fällen kann neben dem Weg zum Zahnarzt sowie zum Kieferorthopäden der Besuch bei einem Logopäden sinnvoll sein.
Sowohl genetische Faktoren als auch Angewohnheiten, wie etwa das Daumenlutschen, können dazu führen, dass eine Unterkieferfehlstellung entsteht. Doch es gibt auch andere Gründe. Eine Logopädie im Zusammenhang mit einer Kieferfehlstellung ist vor allem bei einem offenen Biss häufig angezeigt. Ein schlechtes Muskelzusammenspiel im Mund-, Gesichts- und Kieferbereich führt zu diesen Kiefer- und Zahnfehlstellungen. Die Zunge stößt beim Schlucken ständig von hinten gegen die Schneidezähne, anstatt oben an den Gaumen zu kommen. Die Schneidezähne werden auf Dauer nach vorne weggedrückt und es kommt zu einer Kieferfehlstellung, dem offenen Biss.
Um das Ungleichgewicht der Muskulatur zu behandeln, ist eine myofunktionelle Therapie angebracht. Diese ist bei einem Logopäden möglich, der sich speziell mit diesem Krankheitsbild beschäftigt. Im Frühstadium bei kleinen Kindern kann die Fehlstellung durch die myofunktionelle Behandlung gebessert werden. Dies ist bei zwei- bis dreijährigen Patienten durchaus noch möglich. Bei schwerer ausgeprägten oder später bestehenden offenen Bissen ist eine kieferorthopädische Behandlung notwendig, die dann mit der logopädischen Behandlung kombiniert wird. Die alleinige Zahnspangenkorrektur ist dauerhaft oft nicht erfolgreich, da sich die Zähne und der Kiefer später wieder verschieben können. Durch die Logopädie beziehungsweise die myofunktionelle Therapie wird das Zusammenspiel der Muskeln beim Schlucken optimiert und weitere Kieferfehlstellungen wie der offene Biss können verhindert werden.
Viele betroffene Kinder leiden an vergrößerten Rachenmandeln, den sogenannten Polypen. Die Atmung durch die Nase ist stark beeinträchtigt und häufig kommt es zur Mundatmung. Ebenfalls kann es zu einer Verlegung der Eustachischen Röhre kommen, der Verbindung zwischen Rachen und dem Mittelohr. Die Druckangleichung im Mittelohr ist erschwert und Paukenergüsse und Mittelohrentzündungen können die Folge sein. In vielen Fällen hören betroffene Kinder schlecht und es kommt zu erheblichen Defiziten in der Sprachentwicklung. Die Logopädie ist dann wichtig, um die sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern.
Kinder, die bereits früh unter einer Dysbalance der Kiefermuskeln leiden, neigen dazu, den Mund unnatürlich zu bewegen. Nicht nur die Essgewohnheiten verändern sich automatisch, sondern auch das Sprachverhalten ist beeinträchtigt.
Vielen Eltern fällt die Unterkieferfehlstellung zunächst nicht auf, da sie nicht besonders ausgeprägt ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Einschränkungen für das Kind annehmbar sind.
An folgenden Symptomen lässt sich feststellen, dass eine Fehlstellung des Kiefers vorliegt:
Diese Aufzählung ist keineswegs abschließend, kann jedoch einen Hinweis darauf liefern, dass eine Behandlung bei einem Zahnarzt oder Kieferorthopäden erforderlich wird.
Wird eine Unterkieferfehlstellung diagnostiziert, stellt sich die Frage nach der Behandlung. In einigen Fällen ist der Besuch eines HNO-Arztes erforderlich. In der Folge der Kieferfehlstellung hören einige Kinder schlecht. Aufgrund des schlechten Hörens wiederum entstehen Probleme beim Sprechen.
Logopäden sind darauf geschult, zu erkennen, ob ein fehlerhaftes Schluckmuster, ein muskuläres Problem oder aber allgemeine Artikulationsprobleme zu behandeln sind. Dementsprechend fällt die Therapie unterschiedlich aus. Mit gezielten Sprechübungen lernen Kinder, wie bestimmte Laute gebildet werden und worauf sie selbst achten können. Besonders kommt es im Hinblick auf die Zahn- und Kieferfehlstellung auf das Training der richtigen Muskelbewegungen an. Dadurch soll verhindert werden, dass die Zunge beim Schlucken die Zähne weiter nach vorne drückt und einen offenen Biss hervorruft oder verstärkt. Von einer Mundatmung, die sie sich eventuell aufgrund des verlegten Nasen-Rachen-Raumes und des offenen Bisses angeeignet haben, sollen die Kinder zu einer Nasenatmung kommen.
Manche Kieferorthopäden verordnen Kindern bereits im Alter von fünf oder sechs Jahren eine Zahnspange. Der Effekt, der mit einer Klammer erzielt wird, ist jedoch nur von kurzer Dauer und nicht nachhaltig. Eine Behandlung einer Unterkieferfehlstellung mittels einer Klammer oder auch eine Operation ist oft erst dann sinnvoll, wenn der Kiefer komplett ausgebildet ist. Dies ist bei den meisten Kindern in einem Alter von elf bis zwölf Jahren der Fall. Der Besuch eines Logopäden macht allerdings deutlich früher Sinn. Mit gezielten Übungen sind bereits drei- oder vierjährige Kinder in der Lage, falsch angewöhnte Verhaltensweisen zu ändern und neu zu lernen.
aktualisiert am 23.04.2020