Unter Botulismus (abgeleitet von "botulus" - lateinisch für Wurst) versteht man eine neuromuskuläre Vergiftung durch Clostridium botulinum-Toxin. Verantwortlich für diese Lebensmittelvergiftung ist ein sporentragendes, obligat anaerobes, grampositives Bakterium, Clostridium botulinum, welches sieben verschiedene Toxine produziert.
Für Intoxikationen (Vergiftungen) sind beim Menschen in der Regel die Toxine der Typen A, B, E oder eher seltener F verantwortlich. Die Toxine A und B, beides Proteine, gelten als besonders giftig, da sie gegenüber einer enzymatischen Verdauung im Gastrointestinaltrakt resistent sind.
Die letale Dosis (Dosis, die zum Tod führt) beträgt bereits 0,1 ng/kg Körpergewicht. Dies bedeutet, dass mit ca. 40g die gesamte Menschheit ausgerottet werden könnte. Dieser Umstand erklärt, weswegen Botulinumtoxin auch zu den biologischen Waffen gerechnet wird. Die Sporen sind sehr hitzeresistent. Bei 100°C können sie mehrere Stunden überleben, weswegen sie durch haushaltsübliches Kochen nicht zerstört werden. Das Toxin wird hingegen bei 80°C über 10 Minuten inaktiviert.
Die häufigste Infektionsquelle sind Lebensmittel, die in Dosen oder Gläsern haltbar gemacht wurden. In etwa 10 Prozent der Intoxikationen (Vergiftungen) stellen jedoch auch industriell hergestellte Lebensmittel die Infektionsquelle dar. Die häufigsten Überträger sind Gemüse, Fisch, Früchte und Gewürze, jedoch auch Rindfleisch, Milchprodukte, Schweinefleisch und Geflügel können der Auslöser sein.
Klinisch werden der lebenmittelbedingte Botulismus, der Wundbotulismus und der Kinderbotulismus unterschieden. Beim lebensmittelbedingten Botulismus wird das Toxin durch kontaminierte (verunreinigte) Nahrungsmittel aufgenommen.
Beim Vollbild der Erkrankung steht als Hauptkomplikation die Ateminsuffizienz und die Pneumonie (Lungenentzündung) in Folge der Zwerchfelllähmung im Vordergrund.
Der Pathomechanismus der neurologischen Störungen erklärt sich durch das Eindringen des Toxins in die Synapsen, wo es die Ausschüttung von Acetylcholin verhindert und somit die neuromuskuläre Übertragung blockiert.
Der Erkrankungsbeginn erfolgt meist plötzlich und innerhalb von 18 bis 36 Stunden nach Aufnahme des Toxins. Klinisch imponieren charakteristischerweise initial neurologische Symptome, die beidseitig und symmetrisch sind. Sie beginnen mit den Hirnnerven und steigen in der Folge kaudal ab, verbunden mit Schwäche und Lähmungen.
Initialsymptome sind trockener Mund, Doppelbilder, abgeschwächte Wahrnehmung, Blepharose, Akkomodationsstörungen und verminderte oder ausgefallene Pupillenreflexe. Daneben kommt es zu Erbrechen, Schwindel und abdominellen Krämpfe (Krämpfe des Magen-Darm-Trakts) mit Diarrhoen (Durchfall). Ferner kommt es zu bulbären Lähmungserscheinungen wie Dysarthrie (Störungen des Sprechens), Dysphagie (Störung der Nahrungsaufnahme) und nasalen Regurgitationen (Schluckstörungen). Die Schluckstörungen können so ausgeprägt sein, dass es zu einer Aspirationspneumonie (Lungenentzündung, die dadurch entsteht, dass Fremdkörper, z.B. Erbrechen in die Lunge geraten) kommt.
Es besteht eine muskuläre Schwäche der Extremitäten und des Rumpfs sowie der Atemmuskulatur. Sensorische Störungen treten jedoch nicht auf und das Sensorium bleibt bis kurz vor der Exitus (Tod) klar. Fieber besteht meist nicht.
Beim Wundbotulismus wird das Toxin in vivo durch das Wachstum von Clostridium botulinum im infizierten Gewebe produziert. Klinisch imponieren die gleichen neurologischen Symptome, wie nach einer Lebensmittelvergiftung. Gastrointestinale Symptome (Symptome des Magen-Darm-Trakts) bestehen jedoch meist nicht. Eintrittspforte können Wunden jeglicher Größe oder aber auch eine Punktion innerhalb von 2 Wochen sein.
Der Kinderbotulismus ist Folge einer Aufnahme von Botulinumsporen mit anschließender Vermehrung im Gastrointestinaltrakt und Bildung des Toxins. Üblicherweise sind Kinder im Alter vom 2. und 3. Lebensmonat betroffen. Charakteristischerweise sind die betroffenen Kinder vor Beginn der Erkrankung völlig unauffällig gewesen und waren entweder gestillt oder flaschengefüttert gewesen. Neben der Milch erhielten sie jedoch noch andere Lebensmittel, die dann mit Sporen kontaminiert waren. Klinisch stehen auch bei den Kleinkindern Hirnnervenausfälle bis hin zur Ateminsuffizienz im Vordergrund.
Exponierte Personen müssen engmaschig überwacht werden. Nach Aufnahme von verdächtigen Lebensmitteln wird empfohlen, Erbrechen zu provozieren, Magenspülungen durchzuführen und Laxantien (Abführmittel) zur Elimination von nicht absorbiertem (aufgenommenem) Toxin zu erreichen. Als wichtigste Maßnahme gilt die frühzeitige Zufuhr eines Botulinumantitoxins, des trivalenten Anti-A, -B-, -E-Pferdeserums. Durch das Antitoxin kann jedoch nur noch freies Toxin neutralisiert werden.
Für Botulismus besteht eine Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz § 6 durch den behandelnden Arzt. Bereits der Krankheitsverdacht ist hierbei meldepflichtig. Zudem besteht auch für das Labor beim Nachweis der Erkrankung eine Meldepflicht nach §7.
Die beste Prophylaxe vor Botulismus ist die richtige Konservierung von Lebensmitteln in Dosen oder Gläsern sowie eine ausreichende Erhitzung der Speisen vor dem Servieren. Wenn Lebensmittel irgendeinen Hinweis zeigen, nicht mehr einwandfrei zu sein, sollten sie entsorgt werden .
Letzte Aktualisierung am 26.10.2020.