Vermännlichung (Virilisierung) tritt bei einer Frau ein, wenn der Einfluss des männlichen Geschlechtshormons Testosterons sehr groß wird. Weitere Bezeichnungen sind Virilismus, Androgenisierung und Maskulinisierung. Krankheiten können dazu führen, dass zu viel männliches Hormon gebildet wird. Manchmal sind aber auch Medikamente für die Störung verantwortlich. Die Vermännlichung kann sich an verstärkter Körperbehaarung (männlicher Verteilungstyp), tieferer Stimme und weiteren Veränderungen bemerkbar machen. Neben den ästhetischen Auswirkungen können Störungen des Menstruationszyklus und eine Unfruchtbarkeit der Frau eintreten. Die Behandlung einer Vermännlichung (Virilisierung) geschieht nach der Ursache, die beseitigt werden muss. Ist das nicht möglich, können verschiedene Maßnahmen helfen, die Auswirkungen zu verringern.
Normalerweise befindet sich im Körper einer Frau nur eine geringe Menge des männlichen Geschlechtshormons Testosteron. Dafür weist sie mehr weibliche Hormone, unter anderem Östrogen und Gestagene, auf. Wenn sich der Einfluss des Testosterons deutlich vergrößert, dann kommt es zunehmend zu den Symptomen einer Vermännlichung. Dass das Hormongleichgewicht durcheinandergebracht wird, kann mehrere Ursachen haben.
Cortison, das zu lange eingenommen wird, kann ebenso wie manche anderen Medikamente eine Vermännlichung herbeiführen. Das gilt auch für bestimmte Formen des Dopings.
Testosteron wird von verschiedenen Tumoren gebildet, von einigen gutartigen ebenso wie von einigen bösartigen. Besonders Tumore der Nebenniere (Organrinde) und des Eierstocks können viel Testosteron herstellen und zur Androgenisierung führen. Am Eierstock ist das polyzystische Ovarialsyndrom (PCO) eine häufige Ursache, bei dem der Spiegel von männlichen Hormonen steigt. Doch auch ganz andere Tumorarten wie Lungenkrebs (Bronchialkarzinom, kleinzellig) bilden Testosteron. Tumore der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) können Hormone bilden, die die vermehrte Bildung von Testosteron stimulieren.
Eine weitere mögliche Ursache der Vermännlichung ist das Fehlen von Trägereiweißstoffen für das Testosteron, wodurch mehr freies, wirkendes Testosteron vorhanden ist. Die Empfindlichkeit von Zellen auf Testosteron kann auch verstärkt sein, so dass auch bei relativ niedrigem Spiegel des Hormons eine Vermännlichung eintritt.
Bei der Virilisierung vermännlicht der weibliche Körper allmählich, das heißt, einige typisch männliche Merkmale erscheinen langsam. Die Körperbehaarung vermehrt sich und zeigt ein Verteilungsmuster, das demjenigen eines Mannes ähnelt. Die Vermännlichung der Körperbehaarung wird als Hirsutismus bezeichnet. Barthaare bilden sich, und auch an Armen und Beinen, am Rücken, an der Brust, am Bauch und in der Schamgegend kommen Haare stärker zum Vorschein. Längerfristig ist wie bei Männern die Tendenz erhöht, dass Kopfhaare ausfallen und sich eine Glatze beginnt zu bilden.
Die Stimme kann durch den Hormoneinfluss tiefer werden, da der Kehlkopf seine Form verändert. Die Muskeln können sich vergrößern. Wegen erhöhter Talgbildung besteht eine Neigung zur Akne. Während der Busen oft kleiner wird, wächst die Klitoris an. Die Menstruationsblutung kann wegen der Vermännlichung ausbleiben. Die sexuelle Lust kann herabgesetzt sein (Libidostörung), in anderen Fällen nimmt sie aber auch zu. Die Frau kann schließlich auch unfruchtbar werden.
Sogar auf die Psyche kann die Vermännlichung sich auswirken. Im Sinne der vermehrten männlichen Hormone kann die Betroffene insgesamt aggressiver als zuvor werden. In der Folge der Veränderungen, die die Frau an sich bemerkt, kann die psychische Verfassung beeinträchtigt sein. Die Betroffene kann sich minderwertig fühlen und sich in ihrer Attraktivität herabgesetzt sehen.
Eine Vermännlichung (Virilisierung) an sich ist durch den Anblick erkennbar, wenn die männlichen Merkmale einigermaßen ausgeprägt sind. Die Betroffene wird vom Arzt befragt (Anamnese), unter anderem dazu, welche Symptome sie noch bemerkt hat und wie lange die Veränderungen schon bestehen. In der körperlichen Untersuchung beurteilt der Arzt die Auffälligkeiten weiter. Der Mediziner forscht nach der Ursache der Vermännlichung, auch um schwerwiegende Erkrankungen ausschließen zu können. In der Blutuntersuchung wird vor allem nach den Hormonwerten geschaut. Verschiedene Hormontests können bei der Patientin durchgeführt werden. Röntgenuntersuchungen und eine Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) können Hinweise auf eine Ursache liefern.
Ähnliche Anzeichen finden sich beim Krankheitsbild des adrenogenitalen Syndrom. Dieses ist eine angeborene Erkrankung mit einer gestörten Hormonbildung in der Nebenniere. Eine Störung mit vermehrter Behaarung, die aber weiterhin ein weibliches Verteilungsmuster hat, ist die Hypertrichose.
Bestimmte Ursachen der Virilisierung oder Androgenisierung müssen behandelt werden. Medikamente, die die Vermännlichung hervorrufen, werden nach Möglichkeit abgesetzt oder ersetzt. Falls ein Tumor die überschüssigen Männlichkeitshormone produziert, wird er in den meisten Fällen entfernt.
Die Bekämpfung der Ursache ist nicht in allen Fällen der Vermännlichung möglich. Deshalb werden dann die Symptome mit der Therapie angegangen. Oft wird eine Hormontherapie angewendet. Dazu gibt es Medikamente (Antiandrogene), die die Wirkung des Testosterons hemmen oder die Bildung unterbinden. Ebenfalls oft erfolgreich ist eine Therapie mit Wirkstoffen der Anti-Baby-Pille. Diese sorgt dafür, dass ein stärkerer Überschuss an weiblichen Hormonen (Östrogenen) besteht und die männlichen nicht mehr so stark wirken können.
Natürlich können mit einfachen Maßnahmen die Auswirkungen der Vermännlichung bekämpft werden. Haare können auf verschiedene Weise entfernt werden: Rasur, Zupfen (Epilieren), mit Wachs, mit Enthaarungscreme. Mittel, die auf die Haut aufgetragen werden, können den Haarwuchs vermindern. Mit Laser, einer Blitzlampe oder anderen Methoden ist eine dauerhafte Haarbeseitigung möglich.
Gegen den Haarausfall auf dem Kopf können ebenfalls Präparate eingesetzt werden. Eine entstehende Akne kann mit diversen Methoden gebessert werden.
Die Veränderungen können umso besser wieder rückgängig gemacht werden, je eher die Therapie beginnt. Wenn die Virilisierung schon über einen längeren Zeitraum besteht, können Symptome wie die tiefere Stimme bestehen bleiben. Auch der gestörte beziehungsweise fehlende Monatszyklus kann bleiben, und die Betroffene kann durch die Störung unfruchtbar werden. Die Behandlung ist oft langwierig und kann Jahre in Anspruch nehmen.
aktualisiert am 18.12.2020