Ein Gehirntumor ist eine Gewebswucherung, die sich aus dem Gewebe innerhalb des Schädels entwickelt und das Gehirn in seiner Funktion beeinträchtigt. Sie entstehen meist aus dem Nervenstützgewebe (Gliom/Astrozytom), aus den Hirnhäuten (Meningeom), aus der Hirnanhangdrüse (Hypophysenadenom) oder aus Nerven (Neurinom).
Hirntumore sind seltene Tumore. Sie entstehen durch eine ungebremste Vermehrung und Wachstum der Zellen. Je nachdem, aus welcher Zelle sich der Tumor gebildet hat, werden verschiedene Tumorarten unterschieden. Hirntumore können in einer Bandbreite zwischen gutartig und stark bösartig eingeteilt werden, dies ist unter anderem auch abhängig von der Zellart, aus dem sich der Tumor differenziert hat. Jeder Hirntumor kann durch seine Ausdehnung im Gehirn zu schwerwiegenden bis lebensbedrohlichen Problemen führen, vor allem durch die Steigerung des Hirndrucks. Im Wesentlichen gibt es drei Behandlungsmethoden bei Hirntumoren: Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie.
Trotz intensiver Forschung konnten bislang die genauen Ursachen für die Entstehung von Gehirntumoren noch nicht geklärt werden. Keine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Gehirntumoren spielen offensichtlich Risiken und Lebensgewohnheiten, die bei anderen Krebserkrankungen im Vordergrund stehen (wie Rauchen und Alkoholkonsum). Als Risikofaktoren werden diskutiert ionisierende Strahlen, genetische und hormonale Faktoren, bestimmte Substanzen (unter anderem Pestizide und Herbizide) sowie krebsfördernde Viren (Tumorviren). Begünstigende Faktoren sind unter anderem auch bestimmte Krankheiten und deren Behandlungsmethoden. Beispielsweise wurde bei HIV-infizierten Patienten festgestellt, dass mit Fortschreiten der Erkrankung auch das Risiko steigt, dass sich ein Gehirntumor entwickelt. Eine erbliche Erkrankung, bei der es häufiger zu Hirntumoren kommt, ist die Neurofibromatose.
Zunächst einmal lassen sich zwei grundsätzliche Arten von Tumoren innerhalb des Schädels unterscheiden:
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) unterscheidet zwischen gutartigen (benignen) und bösartigen (malignen) Gehirntumoren und teilt sie von Grad 1 (gutartig) bis Grad 4 (bösartig) ein. Dabei entspricht Grad 1 einem gutartigen, langsam wachsenden Tumor mit günstiger Prognose und Grad 4 einem bösartigen, schnell wachsenden Tumor mit schlechter Prognose. Diese Einteilung spielt bei der Therapieplanung eine wichtige Rolle.
Gutartige Gehirntumore wachsen nicht in das umgebende Gewebe hinein und streuen nicht (bilden keine Metastasen). Durch das ungebremsten Wachstum können sie aber das umgebende Gewebe verdrängen, den Abfluss der Gehirnflüssigkeit (Liquorabfluss) erschweren und zu einem erhöhten Hirndruck führen, der für den Patienten lebensbedrohlich sein kann. "Gutartig" ist in dem Sinne also nur auf die fehlende Einwanderung in die Umgebung bezogen. Die Aussichten auf eine Heilung sind bei vollständiger Entfernung des gutartigen Tumors sehr groß.
Bösartige Gehirntumore dagegen wachsen in das umgebende Gewebe hinein und haben keine scharfe Begrenzung. Nach Operationen kommt es häufig zu einem Rezidiv (Wiederauftreten), da einzelne Zellen in der Umgebung verbleiben können.
Bei den Gehirntumoren kann es sich im Wesentlichen um die folgenden Arten handeln.
Gehirntumore machen zirka sieben bis neun Prozent aller Krebserkrankungen aus. In Deutschland erkranken jährlich etwa 8000 Menschen neu daran (laut Schätzungen des Robert Koch-Instituts Berlin). Es liegt eine Krankheitshäufung zwischen dem dritten bis zwölften Lebensjahr vor sowie zwischen dem 65. bis 85. Lebensjahr, wobei ein Gehirntumor in jedem Alter vorkommen kann. Männer sind von dieser Erkrankung öfter betroffen als Frauen. Bei Kindern werden häufig primäre Gehirntumore diagnostiziert (Ursprung im Gehirn), während es bei Erwachsenen häufig Metastasen, also sekundäre Gehirntumore, sind.
Typische Beschwerden sind häufige Kopfschmerzen, Erbrechen, neurologische (nervliche) Ausfälle und Lähmungserscheinungen, je nachdem, wo der Tumor sich genau befindet. Die Heilungschance ist abhängig von der Tumorart und der Lage (Lokalisation) des Tumors im Gehirn.
Ein Gehirntumor bleibt oft lange Zeit verborgen, da er am Anfang kaum Beschwerden verursacht. Der Tumor wird meist erst spät diagnostiziert, weil die Beschwerden nicht spezifisch sind und vieldeutig sein können. Darunter fällt auch das erste und häufigste Symptom, die Kopfschmerzen.
Symptome, die auf einen Gehirntumor deuten können, sind:
Besteht der Verdacht auf einen Hirntumor, können verschiedene diagnostische Methoden eingesetzt werden. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Neben der Befragung (ärztliche Anamnese) und der körperlichen Untersuchung kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz.
Die Diagnose wird in erster Linie über die Computertomografie (CT) oder die Kernspintomografie (MRT) gestellt. Beim CT werden Röntgenstrahlen eingesetzt, die das Gehirn durchleuchten und in Schnittbildern darstellen. Dadurch lassen sich Tumore, Verkalkungen und Blutungen gut erkennen. Im MRT dagegen werden Radiowellen und Magnetfelder genutzt, um die Unregelmäßigkeiten im Gehirn noch detaillierter sichtbar zu machen.
Als weitere Diagnoseverfahren stehen zur Verfügung:
Weil viele der Symptome nicht sonderlich spezifisch sind, kommen viele andere Erkrankungen als Alternativdiagnosen in Frage. Allein Kopfschmerzen können schon eine Vielzahl von Ursachen zugrunde liegen. Im engeren Kreis der Differenzialdiagnosen zu Hirntumoren liegen insbesondere Krankheiten mit erhöhtem Platzbedarf im Schädel oder mit Schädigung von Nerven. Dazu gehören Hirnblutungen, Einblutungen an der Hirnhaut (etwa Subduralhämatom), Multiple Sklerose (entzündliche Erkrankung mit Schädigung der Nervenhüllen), Entzündungen der Hirnhäute (Meningitis), Hirnabszess (eitrige Entzündungskapsel im Gehirn).
Die Therapie von Hirntumoren ist schwierig und muss dem Patienten und der Tumorart individuell angepasst werden.
Im Wesentlichen stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
Bei Hirntumoren ist die erste Wahl der Therapie häufig die Operation. Bei dem Eingriff erfolgt die teilweise oder vollständige Entfernung des Tumors. In bestimmten Fällen werden andere Methoden eingesetzt, beispielsweise wenn der Tumor an lebenswichtige Bereiche des Gehirns (z. B. das Atemzentrum) angrenzt und eine Operation nicht möglich/sinnvoll ist. Der Tumor wird dann als inoperabel bezeichnet. Im Einzelfall muss abgewägt werden, ob ein Eingriff gerechtfertigt ist oder ob das Risiko für Komplikationen zu groß ist.
Der Eingriff wird meist in Vollnarkose, manchmal unter örtlicher Betäubung (Lokalanästhesie) durchgeführt. Nach der Eröffnung der Schädeldecke, die oft nur an kleinen Stellen vorgenommen wird, wird die Geschwulst entfernt. Möglichst wird der gesamte Tumor herausoperiert. Das umliegende Gehirngewebe muss allerdings weitgehend geschont werden. Mit Hilfe moderner Technik kann der Operateur sehr genau arbeiten, unter Umständen wird im OP eine Kontrolle durch Computer- oder Kernspintomographie (CT/MRT) durchgeführt. Da der Tumor oft durch eine Operation nicht ausreichend sicher beseitigt werden kann, ist in vielen Fällen eine Nachbehandlung erforderlich. Dazu gehören unter anderem die Bestrahlung und die Chemotherapie.
Die Hauptwirkung der Bestrahlung (Strahlentherapie) besteht auf einer erwünschten Schädigung schnell wachsender Tumorzellen mit Schonung des umgebenden Gewebes. In manchen Fällen führt sogar die alleinige Strahlentherapie zu einer vollständigen Heilung (bei den Keimzelltumoren der Zirbeldrüse, den Germinomen). Die bei der Planung festgesetzte Strahlendosis wird nicht innerhalb einer Sitzung verabreicht, sondern täglich oder mehrmals täglich in kleinen Einzeldosen abgegeben. Die täglichen Termine werden über einige Wochen vorgenommen. Bei der Bestrahlung werden die Strahlen direkt auf den Tumor gerichtet. Nur in Ausnahmefällen wird das umgebende Areal mitbestrahlt, etwa bei bestimmten Lymphomen. Einige Tumorzellen sind sehr strahlenempfindlich. Die Strahlenempfindlichkeit ist auf die rasche Zellteilung zurückzuführen. Als häufige Nebenwirkungen der Strahlentherapie treten Müdigkeit, Erschöpfung, begrenzter Haarausfall, Kopfschmerzen und lokale Hautreizungen auf, die aber nach der Therapie wieder rückgängig sind.
Neben der konventionellen Strahlentherapie gibt es noch die so genannte stereotaktische Radiochirurgie, hier wird der Tumor durch einen Energiestrahl zerstört. In der Radiochirurgie wird insbesondere das Verfahren des Gamma-Knife (Cobalt-Gerät) durchgeführt. Hierbei werden gleichzeitig aus 200 Strahlenquellen Gammastrahlen ausgesendet, die im Tumorgewebe an einem vorher bestimmten Punkt zusammentreffen und somit gezielt den Tumor schädigen. Das umgebende Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
Die Chemotherapie besitzt bei den Hirntumoren, im Vergleich zu anderen Krebserkrankungen, insgesamt eine eher untergeordnete Rolle. Dennoch gewinnt sie in der Behandlung der Gehirntumore eine zunehmende Bedeutung und wird schon bei einigen Tumorarten erfolgreich eingesetzt. Dazu gehören Lymphome, bestimmte Arten von Gliomen und Glioblastomen oder manche kindliche Tumore wie Medulloblastome. Auch beim Wiederauftreten (Rezidiv) bestimmter Hirntumore kann die Chemotherapie angewendet werden. Die Chemotherapie ist eine Behandlung des Tumors mit bestimmten Medikamenten, die gegen die Tumorzellen gerichtet sind. Abhängig von der Tumorart, vom Wachstum und von der Lage (Lokalisation) wird die Chemotherapie auf verschiedene Weise durchgeführt. Sie kann intravenös, also entweder als Infusion oder Injektion in die Vene, verabreicht werden, auch ist die Einnahme als Tablette möglich oder selten die Gabe als Injektion in den Liquorraum (Nervenwasser-Raum).
In vielen Fällen wird eine Kombination aus Chemotherapie, Operation und Strahlentherapie bevorzugt. Nicht selten wird beispielsweise zuerst eine Operation und daraufhin eine Chemotherapie und/oder Bestrahlung vorgenommen. Eine Reihe neuerer Therapiemöglichkeiten zu den Hirntumoren werden derzeit getestet, darunter Gen- und Immuntherapie-Verfahren.
Neben OP, Chemotherapie und Strahlentherapie müssen auch die Symptome behandelt werden, um dem Patienten eine möglichst große Lebensqualität zu bieten. Medikamente können bei vielen der Beschwerden zu einer Besserung führen und beispielsweise auch zur Vorbeugung von epileptischen Anfällen angewendet werden. Ebenso können Übungsbehandlungen in Frage kommen, wie eine Logopädie (Sprachtherapie), falls in dieser Hinsicht Probleme auftreten.
Im Allgemeinen bestehen gegen die Gehirntumoren inzwischen gute Behandlungsmöglichkeiten. Häufig kann der Tumor sogar komplett beseitigt werden. Die Erfolgsaussichten der Behandlung können im Einzelfall aber ganz unterschiedlich aussehen. Je bösartiger ein Hirntumor ist, desto schlechter ist die Prognose. Die Prognose ist daher abhängig von der Tumorart sowie auch von der Lokalisation (räumlichen Lage) im Gehirn und der Größe der Wucherung.
Nach dem Grad der WHO-Einteilung der Gehirntumore lässt sich auch die Prognose ableiten.
Es gilt auch, je früher ein Tumor entdeckt wird, desto höher sind die Heilungschancen beziehungsweise die durchschnittliche Lebenserwartung. Durch eine gezielte Therapie lassen sich außerdem einige Tumorerkrankungen in Wachstum und Ausprägung hinauszögern und die Symptome lindern, auch wenn sie vielleicht nicht geheilt werden können.
Werden für eine Tumorerkrankung aus einer anderen Körperregion Metastasen im Gehirn nachgewiesen, so ist die Prognose allgemein schlecht. Hirnmetastasen begrenzen die Überlebenszeit viel stärker als der eigentliche Primärtumor (ursprüngliche Tumor).
Es gibt keine bestimmten Maßnahmen, die einem Hirntumor vorbeugen. Es gibt nur allgemein die Empfehlung, sich vor unnötiger Strahlenbelastung zu schützen, vor allem Kinder sollten davor bewahrt werden. Der Umgang und Kontakt mit potenziell schädlichen Substanzen sollte auch vermieden werden. Zudem ist davon auszugehen, dass eine gesunde Lebensführung das Krankheitsrisiko begrenzt.
Insbesondere Familienangehörige sollten aufmerksam sein und mögliche Anzeichen wahrnehmen. Sie sollten auf plötzlich eintretende Persönlichkeitsstörungen sowie auffällige Symptome (schwallartiges Erbrechen, immer heftiger werdende Kopfschmerzen) achten, die vom Betroffenen selbst nicht ernst genommen werden. Gegebenenfalls sollte der Patient zum Arzt begleitet werden.
Wird die Diagnose gestellt, können sich Patienten und Angehörige mit Tumorhilfen oder Krebsselbsthilfegruppen in Verbindung setzen und Erfahrungen mit anderen Patienten austauschen, die in gleicher Situation sind. Die Deutsche Hirntumorhilfe verfügt über zwei telefonische Beratungsangebote. Zum einen das Sorgentelefon (03437 999 68 67), welches immer dienstags zwischen 10:00 und 15:00 Uhr besetzt ist und an dem die Anrufer emotionale Unterstützung bei der Bewältigung von krankheitsbezogenen Problemen erhalten, belastende Gedanken und Gefühle ansprechen sowie ihre eigenen Kräfte erkennen und mobilisieren können.
Das andere Angebot ist der Informationsdienst (03437 702 702), der von Montag bis Freitag jeweils zwischen 9:00 und 16:00 Uhr kontaktiert werden kann. Dabei geht es vordergründig um die Vermittlung aktueller, wissenschaftlich fundierter, verständlicher Informationen. Im Sinne eines kompetenten Wegweisers wird unabhängig und vertraulich auf die individuellen Anliegen der Anrufer eingegangen.
aktualisiert am 08.10.2021